Liebe Leser,
ob Mieterärger oder Nachbarschaftsstreit – es ist immer etwas los im Immobilienrecht. Umso wichtiger ist es für Sie, auf dem aktuellsten Stand zu sein! Einige wegweisende Urteile lesen Sie deshalb heute und in den nächsten Ausgaben.
Kann ich die Einhaltung der Abstandsflächen umsetzen?
Hatten Sie schon einmal Streit mit Ihren Nachbarn um Baumaßnahmen im Bereich der Grundstücksgrenzen? Dann sollten Sie genau die Baumaßnahmen der letzten Jahre betrachten. Sie können von Ihren Nachbarn nämlich, salopp gesagt, nur verlangen, was Sie auch selbst leisten. So urteilte das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am 18. Juni 2020 (Az. 7 A 1510/18). Hier Pochte ein Immobilienbesitzer auf die Einhaltung der Abstandsflächen zu seinem Nachbarn – hatte jedoch selbst in der Vergangenheit dagegen verstoßen. Deshalb wollte die Baubehörde seine Beschwerde auch nicht berücksichtigen. Die Gerichte gaben ihr in zwei Instanzen Recht. Es entspreche dem allgemeinen Rechtsverständnis, dass hier nicht mit zweierlei Maß gemessen werde.
Hund nicht angeleint – fristlose Kündigung!
Vielleicht kennen Sie das: Leider kommt es immer wieder zu Mieterärger im Zusammenhang mit der Haustierhaltung. Dennoch lässt sich diese nicht mehr einfach so verbieten. Wohl aber können Sie Ihrem Mieter kündigen, wenn dieser seinen Hund regelwidrig unangeleint auf dem Grundstück oder im Treppenhaus laufen lässt. In einem solchen Fall urteilte der Bundesgerichtshof am 2. Januar 2020 (Az. VIII ZR 328/19). Hier war das unangeleinte Laufenlassen von Hunden auf der Fläche, die sogar einen Kinderspielplatz beinhaltete, bereits in der Hausordnung untersagt. Doch der Hundebesitzer handelte dem wiederholt zuwider, sogar noch nach Abmahnung. Der BGH wertete dies als Verletzung der mietvertraglichen Pflichten und genehmigte eine fristlose Kündigung.
Gewerbeausübung im reinen Wohngebiet? In Ausnahmen möglich
Viele Gebiete in den deutschen Kommunen sind als reine Wohngebiete ausgeschrieben. Doch nicht jeder hält sich daran. Was, wenn im Haus Geschäftsaktivitäten herrschen? In der Regel ist das untersagt, um die Nachbarn vor Unruhe und weiteren Beeinträchtigungen zu schützen – jedoch nicht immer. So urteilte das Verwaltungsgericht München am 9. Mai 2016 in einem Fall, in dem ein Yogastudio im Hobbykeller eines Reihenhauses betrieben werden sollte (Az. M 8 K 15.733). Dies genehmigte das Gericht aus mehreren Gründen: Der Betrieb fand nicht zu außergewöhnlichen Zeiten statt. Es kam nicht zu Lärm oder sonstigen Belästigungen. Die Yogalehrerin sei mit Freiberuflern wie Ärzten, Anwälten und Journalisten vergleichbar, denen die Tätigkeit im Wohngebiet erlaubt sei. Die Grenzen einer wohnartigen Betätigung würden hier nicht überschritten, so das Gericht. Deshalb wurde ihr der Ausbau ihres Kellers als Studio genehmigt.
Beim nächsten Mal lesen Sie drei weitere spannende Urteile aus dem Immobilienrecht.
© VNR AG Maria Schädlich
Expertin für Markttrends in der Immobilienwirtschaft